Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ist Anteilseigner und Manager in einer Person. In der Regel verfügt er damit über eine größere Macht als ein Geschäftsführer, der nicht gleichzeitig auch Anteilseigner ist. Allerdings gelten für Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund ihrer Doppelfunktion auch steuerliche Besonderheiten. Ein Dauerthema dabei ist die verdeckte Gewinnausschüttung. Nun hat das Bundesfinanzministerium (BMF) mit Schreiben vom 30.08.2024 auf die Fortentwicklung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Zusammenhang mit den ertragsteuerlichen Folgen reagiert, die sich aus der Weiterbeschäftigung eines Gesellschafter-Geschäftsführers bei gleichzeitiger Zahlung einer Pension nach Eintritt des Versorgungsfalls ergeben.
Ausgangssituation
In der Praxis können es die persönlichen Lebensumstände oder betrieblichen Belange erforderlich machen, dass ein Geschäftsführer nach Erreichen des Pensionsalters noch weiterhin für seine GmbH tätig bleibt. Bezahlt die GmbH ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer dann die vereinbarte Pension und die Aktivbezüge in voller Höhe, führt dies zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, die das Einkommen der GmbH erhöht und wie eine offene Gewinnausschüttung auf Ebene des Gesellschafters zu besteuern ist.
Bisheriger Stand der Rechtsprechung
Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist entgegen der offenen Gewinnausschüttung eine Gewinnausschüttung, die nicht auf einem Gesellschafterbeschluss beruht, und sie liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft dem Gesellschafter oder einer ihm nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung im Gesellschaftsverhältnis (mit)veranlasst ist. Letzteres ist anzunehmen, wenn ein Vermögensvorteil gewährt wurde, den ein gewissenhaft tätiger Geschäftsleiter einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (hypothetischer Fremdvergleich).
Nach Ansicht des BFH verträgt sich die gleichzeitige Zahlung einer Versorgung und eines laufenden Geschäftsführergehaltes nur bedingt mit den Anforderungen, die für das Handeln eines gewissenhaften Geschäftsleiters maßgeblich sind. Ein gewissenhaft tätiger Geschäftsleiter würde verlangen, dass entweder das Einkommen auf die Versorgungsleistung angerechnet oder der Bezug der Versorgungsleistung aufgeschoben wird, bis der Begünstigte seine Geschäftsführerfunktion endgültig beendet hat. An dieser Rechtsauffassung halten die obersten Finanzrichter weiterhin fest. Allerdings haben sie ihre Rechtsprechung erweitert.
Fortentwicklung der Rechtsprechung
Mit Urteil vom 15. März 2023 hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung so fortentwickelt, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht vorliegt, wenn nach dem Eintritt des Versorgungsfalles neben der Versorgungsleistung bei voller Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer ein reduziertes Geschäftsführergehalt gezahlt wird. Dieses Gehalt darf dabei die Differenz zwischen der Versorgungszahlung und den letzten Aktivbezügen nicht überschreiten.
Der BFH begründet seine Ansicht wie folgt: Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde zwar nicht gleichzeitig sowohl die volle Versorgung als auch ein volles Gehalt zahlen. Er würde aber auch nicht erwarten, dass ein pensionierter Geschäftsführer umsonst weiterarbeitet. Vielmehr wäre er grundsätzlich bereit, neben der Pensionszahlung für die zusätzlichen Dienste ein Gehalt bis zur Höhe der Differenz zwischen der Versorgung und den letzten Aktivbezügen zu zahlen. Unter diesen Voraussetzungen bleibt der Versorgungscharakter der Pensionszahlung nach Auffassung des Gerichtes grundsätzlich erhalten.
Finanzverwaltung passt Auffassung an
Die Finanzverwaltung folgt der erweiterten Rechtsprechung des BFH. Laut Schreiben des BMF liegt keine verdeckte Gewinnausschüttung vor, soweit die Summe aus Versorgungszahlung und neuem Aktivgehalt das vor Eintritt des Versorgungsfalles gezahlte Aktivgehalt nicht überschreitet. Die neue Regelung ist auf alle offenen Fälle anzuwenden. Wie bisher gilt: Beherrscht der begünstigte Gesellschafter die Kapitalgesellschaft, müssen Leistungen an ihn oder eine ihm nahestehende Person klar und eindeutig im Voraus und zivilrechtlich wirksam vereinbart und wie vereinbart umgesetzt werden (formeller Fremdvergleich).
Teilzeittätigkeit vom Fiskus weiterhin nicht anerkannt
Ausdrücklich hält das BMF an seiner bisherigen Auffassung fest, dass eine Teilzeittätigkeit mit dem Aufgabenbild eines Gesellschafter-Geschäftsführers nicht vereinbar ist. Diese Frage war für das Urteil des BFH nicht entscheidungsrelevant. Die Richter hatten aber darauf verwiesen, dass eine Weiter- oder Folgebeschäftigung des Gesellschafter-Geschäftsführers mit reduzierten Arbeitszeiten oder Aufgabenbereichen dazu führen könne, dass die Differenz zwischen Versorgung und letzten Aktivbezügen nicht vollständig ausgeschöpft werden könne, ohne eine verdeckte Gewinnausschüttung auszulösen.
Unser Rat: Im Einzelfall ist in einer Situation, in der ein Gesellschafter-Geschäftsführer nach Eintritt des Versorgungsfalles von seiner GmbH weiterbeschäftigt werden soll, eine sorgsame Abwägung der Alternativen erforderlich. Sprechen Sie Ihre SHBB-Kanzlei frühzeitig darauf an! Wir beraten Sie dazu gern!
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